Unser Landsmann FRANZ EIMANN (1905–1996) war bis ins hohe
Alter ein mit Gott und der Welt zufriedener Mensch. Auch seine Frau Marie,
genannt Fichtla Herzicha Mariela, freute sich bei jedem Wiedersehen, ob im Gründel oder vor der Kirche. Sie hatte in den
Nachkriegsjahren, als Franz noch in Kriegsgefangenschaft war und die Kinder
Edwin, Rosemarie und Edith noch klein waren, schwer unter den Schikanen des
tschechischen Nachbarn LANGER zu leiden. Die Schwester von Franz war mit Fichtla Herzicha Seffla aus Sattel Nr.109 verheiratet; die andere Schwester
Marie mit Bernhard POSTLER aus Deschnei. Deren Sohn
Lm. EIMANN bat mich 1993, seinen Brief und Bericht zu
veröffentlichen. Er gibt seine tiefe Heimatverbundenheit wieder. Seine Gedichte
und Aufzeichnungen sollten im Familienbesitz bleiben. Ob sie noch vorhanden
sind, ist fraglich, da die Kinder tschechische Ehepartner haben und der Sohn
Edwin bereits 1999 mit 58 Jahren verstarb.
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Im Folgenden FRANZ EIMANNs
Brief:
Lieber Heimatfreund Franzla mit Familie und alle
Bekannten!
Gott grüß Euch alle und seid auch
von mir herzlich gegrüßt mit der Hoffnung und dem Wunsch, dass Euch diese wohl
unleserlichen Zeilen bei bester Gesundheit erreichen. Meine Finger gehorchen
mir nicht mehr. Ich habe so oft und gerne geschrieben, aber ich habe stets sehr
kalte Finger. Habe eine kleine Bitte an Dich. Wie mir bekannt, schickst Du die
Berichte an „Mei Heemt“.
Ich selbst habe vor dem Kriege immer solche Gedankenberichte an Zeitungen
eingeschickt, welche immer gerne angenommen und gelesen wurden.
So habe ich mir erlaubt, etwas von der so feierlichen
GLOCKENWEIHE, welche am 30.10.1993 in Sattel war, auch ein paar Dankesworte zu
schreiben, die beiliegend sind. Unsere christliche Gemeinschaft ist Euch in
Eurer neuen Heimat viel Dank schuldig durch Eure liebe und werte Mithilfe, die
uns zuteil wurde. Es waren gewiss auch große Opfer von Euch. Wenn man die
herrlichen Glockentöne hört, die wir 50 Jahre lang vermisst haben, so denken
wir mit Dank an Euch und Eure Mithilfe, was zur Ehre Gottes, zur Ehre unserer
Kirche und unserer christlichen Gemeinschaft geschaffen wurde. Der liebe Gott
möge es Euch allen reichlich belohnen. So bitte ich Dich, wenn dies Schreiben
und die Beilage zur Verbreitung tauglich sind, zu veröffentlichen oder in
sudetendeutschen Versammlungen vorzulesen. Vielleicht kannst Du mir die
Reaktion der Leser und Zuhörer gelegentlich mitteilen. Das Urteil wäre für
mich, wo ich 88 Jahre hinter mir habe, wieder eine große Freude. Auch hoffe
ich, Euch wieder mal in der alten Heimat begrüßen zu können. Mein Wunsch ist,
dass ich allein in meinen 4 Wänden den langen Winter gut überstehe, der für
mich die schlimmste Jahreszeit ist. Das gebe Gott! Wenn auch Weihnachten noch
in einer Entfernung ist, so wünsche ich Euch allen und allen Heimatbekannten
schon im Voraus alles Gute, viel Freude und Gottes Segen und einmal ein frohes
Wiedersehen. Die Kinder, die halt weiter weg von mir wohnen, sorgen sich sehr
um mich. Falls Du Gelegenheit hast, den Bericht mit der Schreibmaschine zu
schreiben, wäre ich Dir dankbar; hatte früher selber auch eine, bis sie in
tschechische Hände abhanden kam.
Zur Glockenweihe 1993:
Es war ein Tag, wie von Gott geschaffen. Die Sonne vom
wolkenlosen Himmel beleuchtete schon die zwei geschmückten, neuen GLOCKEN, die
vor der Kirche bereitstanden. Alle Vorbereitungen zum Aufzug auf den neu
renovierten, weißen Glockenturm waren getroffen. Der Platz vor der Kirche war
gefüllt von Teilnehmern, viele Deutsche und Hiesige, die auf die Ankunft
unseres Bischofs, S. E. Hochwürden OTCENASEK aus Königgrätz,
warteten. Er war nach vieljähriger Verbannung unter dem CSR-Regiem
nach der Wende wieder in sein Amt eingesetzt worden.
Es war ein rührender, unvergessener Anblick, als der
Bischof ausstieg und mit offenen Armen den Anwesenden entgegenging und die
Wartenden alle in deutscher und tschechischer Sprache leutselig begrüßte. Als
die herzlichen Begrüßungsworte von Erich LUCKER (früher Sattel Nr.158, jetzt
Naila) und vom hiesigen Kirchenvorstand JEZEK beendet waren, wurde die Weihung
der neuen Glocken feierlich zelebriert mit Übernahme der beiderseitigen
Patenschaft. Es war eine große Freude für alle, als unser Bischof das erste Mal
in unser Gotteshaus einzog, um das feierliche Hochamt unter Assistenz zweier
Priester zu halten, mit tschechisch/deutschen Ansprachen und Liturgie. Zum
Abschluss erklang mit verstärkten Orgeltönen und von der Gemeinde mitgesungen
das deutsche Marienlied „ÜBER DIE BERGE SCHALLE, GLÖCKLEIN DEIN RUF, BRINGE DER
MUTTER MEIN.......“ und im selben Augenblick setzten die neuen Glocken mit
ihrem wunderbaren Klang über Dorf und Flur ein, denn fleißige Hände hatten sie
inzwischen auf den Turm gezogen. Nun wurde das Übermaß an Freude voll, da doch
50 Jahre lang kein Glockenschlag ertönte. Es waren wohl viele Tränen der
Freude, aber auch des Leids beim Gedenken der verstorbenen Angehörigen, die
diesen Tag nicht mehr erleben konnten Es ist und bleibt unser Wunsch, dass
diese Klänge auch den Traurigen und Einsamen, die immer unter uns sind, etwas
Freude bringen mögen. Wenn unsere Brüder und Schwestern wieder in ihre zweite
Heimat fahren werden nach leider kurzem Besuch in der alten Heimat, die ihnen
durch ein hartes Schicksal genommen wurde, so mögen diese Glockenklänge als
Echo und Widerhall ihnen nachklingen. Sie sollen auch denen Freude bringen, die
an dieser Feier nicht teilnehmen konnten. Euren Heimattreffen soll der
Glockenklang ein Willkommensgruß sein, auch von uns, der Euch entgegen schallen
wird in dem Bewusstsein des Dankes, den Euch die Heimat schuldet für die große
Mithilfe, die zur Ehre Gottes, unserer Kirche und der gläubigen Gemeinschaft
geschaffen wurde und niemals vergessen werden soll für spätere Generationen.
Der liebe Gott lohne es Euch allen!
Ein besonderer Dank gebührt den Spendern der neuen
elektrischen Kirchturmuhr samt Ziffernblättern und vergoldeten Zeigern.
(Richard NEUGEBAUER, Freudental & Ehefrau Emilie, geb. Walsch,
Sattel Nr.43 und ihr Bruder Richard, alle wohnhaft in Weilheim). Bis in meine
Einschicht Sattel/Gründel sind Glocken- und
Stundenschläge zu hören. Unser HERRGOTT vergelte allen diesen Edelmut und die
Opferbereitschaft!!
SATTEL im November 1993 Euer EIMA FRANZLA. (88 Jahre
alt)