Ein Gang durch unsere Gemeinde

 

 

Unser GOLDBACH wechselte bei der „Puuschbrecke“, dem Anfang der Gemeindegrenze, von der linken, westlichen Straßenseite zur östlichen. Hier war oft der Lagerplatz der durchziehenden Zigeuner; sie durften im Dorf nicht logieren. Bei Dunkelheit war es immer eine gruselige Stelle. Alle Häuser und Bauten befanden sich links der Bezirksstraße bis H.Nr.22. Ab H.Nr.23 erfolgte die Bebauung auch rechts der Straße.

 

Den Anfang machte die Weberei FLEISCHNER/Syrovatek (Nr. 16), dann kam die Brett- u. Schindelsäge des Leinwandhändlers Andreas VOGEL. Dazu gehörten H.Nr.15, 18 der Bauernhof Nr.17, später Baschek; an deren Scheunenwand das blaue, ovale Gemeindeschild mit weißer Schrift befestigt war. Obere Inschrift in Tschechisch, unten in Deutsch:

 

                               SEDLONOV, okres Nove Mesto n.Metuji

                               SATTEL, Bezirk Neustadt a.d.Mettau.

 

Dem Andreas VOGEL gehörten außerdem noch die „TONZA-MÜHLE“ (Nr.13), sowie Haus Nr. 27, später Janko und die „BLEICHE“, Lager-, Büro- und Wohnhäuser (Nr.156-157), alle zur Pollomer Seite hin. Nach dem Niedergang des Leinwandhandels und Konkurses des Besitzers erwarb die Herrschaft Opotschno die Bleiche und errichtete das „DEPOT“ genannte große Sägewerk mit Dampfantrieb/Wasserkraft, umfangreiche Lagerplätze für Langholz, das wintertags von den hiesigen Bauerngespannen aus den herrschaftlichen Wäldern mit Schlitten angefahren wurde.  Für Balken, Bohlen und Brettern samt Abfallschnittholz sorgte eine Lorenanlage für Ordnung, Übersicht und Verdienstmöglichkeiten. Durch das DEPOT führte ein Weg über die Goldbachbrücke mit dem heiligen Nepomuk, der heute im Zeunerloche steht, über den Mühlgraben der Weberei TYLS/Grulich und den kleinen Bachlauf, der aus dem Zeunerloch kommt, am rauen Felsen vorbei, nach der Gemeinde SCHLESNEY. Der gesamte Depotbetrieb, bis auf die H.Nr.156 u.157, die noch bewohnt und genutzt werden, ist nach 1948 aufgelöst und demontiert worden. Heute stehen einige private Wochenendhäuschen da. Auch der Bauernhof Nr.27/14 samt Kapelle ist verschwunden. Die TONZA-MÜHLE (Nr.13) verfällt auch, nachdem 1986 der letzte Bewohner Anton Vogel verstarb. Die Altenteilkaten dazu (Nr.14 u.16) stehen leer.

 

Diese ehemaligen Siedlungshäuschen im ganzen Dorf bestanden nur aus Holzstämmen mit Holzschindeln gedeckt, einem großen Raum mit Kachelofen für Wohnen, Schlafen und Arbeiten, mit „Herrgottswinkel“ über dem Familientisch, einem kleinen Flur für Vorräte und Bodentreppe, Zugang zum Ziegenstall und überdachtem Hauseingang mit der „Hette“, Plumpsklo. Durch die Wiesen waren die einzelnen Anwesen und Katen durch Trampelpfade und behelfsmäßige Brücken über die Bäche und Mühlgräben verbunden. Das hatte sich von alters her so eingebürgert und wurde auch geduldet.

H.Nr.19, früher bei Posthonsan, gehörte meinem Urgroßvater und wurde 1852 zwischen meinem Großvater Anton DÖRNER, der das neue Haus Nr.132 baute und die Kate Nr.11 erbte, und seinem Bruder Johann DÖRNER aufgeteilt mit Kate Nr.18.  Beim Grundstück Nr.132/11 kam durch die Pfarrwiesen der Pollomer Bach das „PFARRFLESSLA“ in den Goldbach und verstärkte den Mühlgraben zur Tonzamühle. In der Nähe auf den Pfarrwiesen steht das alte Pfarrhäuschen (Nr.10); daneben stand die erste Holzkirche, deren Grundrisse man noch erkennen kann. Das neue Pfarrhaus (H.Nr.1) wurde 1750 neben der neuen Kirche, erbaut 1711, errichtet.

 

Es folgte an der Strasse die „Vorstehers-Mühle“ von Johann VOGEL, lange Jahre bis 1936 Vorsteher in Sattel. Es wurde gemahlen und früher auch für die Bauern Brot gebacken. Der Mühlgraben kam von der Schulbrücke her, wo vordem der DORFBACH in den Goldbach mündete. Am Haus vorbei war die Zufahrt über den Goldbach zu “Hannesa Franzan“, Franz VOGEL (H.Nr.147, Nr.9), der große Flächen der Kirchenfelder und Wiesen gepachtet hatte. Neben „Buchdrucker-Teuner“ (H.Nr.22) steht der Neubau „Lockerbäcke“, Bäckerei und Lebensmittel des Josef Lucker (Nr.158).

 

Bis hier waren rechts von der Strasse zunächst die Waldungen und Felder zu H.Nr.17, Nr.27 und 13 mit dem „SCHUSTERBERG“, wo um 1880 erfolglos nach Erz gegraben wurde. Diese reichen bis zum Ortsteil GRÜNDL. Neben den „GRENDLAWIESEN“, die früher durch einen Hohlweg mit dem Ortsteil verbunden waren und heute unzugänglich versumpft sind, erhebt sich der „JANKAPUUSCH“ und „FIEDLERS-PASSECKE“, deren NW-Seite der LOHBERG im Ortskern bildet. Hier fängt bei H.Nr.23, Ferdinand Dubanek, die Hausbebauung an der rechten Straßenseite an. Nebenan die Post und Zollstation (Nr.154), dann der Bauernhof „Teschlerfriedel“, Hartmann (Nr.25), mit der Brücke über den Dorfbach davor. Am Dorfbach steht H.Nr.107 „Beim Stootschuster“, diente ab 1775 als Schule und Lehrerwohnung. Daneben unter mächtigen Linden ist die „Marienkapelle“, die 1992 repariert wurde und der Gemeinde gehört.

 

Hier zweigt die Straße nach Pollom und Gießhübel ab, wo man beim Zollamt Kuttel vorbei zur Bahnstation Lewin/Hummelstadt kam. (ca. 11 km; zum Bahnhof Neustadt a.M. waren es 15 km). Bei der „Schulbrecke“ mit dem Holzbau alte Schule Nr.141 (ist noch bewohnt) steht das „Armenhaus“ Nr.8 mit der „Trafik“ (Tabakwarenverkauf, staatl. Monopol) vom Ludwig. Die Straße teilt sich dann nach rechts zum „Metznerbäka“ (Nr.159), geradeaus der alte Fahrweg beim „Braatschneider“ (Nr.7) vorbei zum steilen Alleeaufgang der Kirche und links die Fahrstraße um den Bauernhof „Kercha-Zeuner“ (Nr.5) nach Pollom. Dort auf den Wiesen hinterm Pfarrteich war „Lois-Teschler“ (Nr.6), in der Nähe das „Berkapeschla“; auf den Feldern stehen heute noch viele Bunker. Hinter der Kirche befinden sich die Bauernhäuser „Dresafranz und Dresapepi“ mit den Altenteilhäuschen. (Nr.2/3/4/146). Hier führt ein Weg weiter ins Ochsengesenke, Richtung Pollomer Koppe und Hohe Mense. Die nächste Abzweigung ist zum Ortsteil STEINBERG mit dem Forsthaus und 4 Waldarbeiterhäuschen mit etwas Grund dabei am Waldrand. Nr.156/115/116/117 und 142 Laschtowitz auf den Wiesen. Neu angelegt wurde 1936 die BUNKER Straße, die ab hier das ganze Gebirge durchzog. An der Pollomer Grenze kam man am „Mühlpeschla“ vorbei.

 

Zurück zur Kirche, dahinter das „KERCHAPESCHLA“ mit Felsengebilde, darunter die „langa Wiesa“ vom Ernst Schindler, wo der „KERCHASTEIG“ verläuft von der Kirche beim Metznerbäka (Nr.159) über den Goldbach, bei der Volksschule (Nr.155) vorbei bis rechterhand zum „POSTHOISLA“ (Nr.150), wo auch die Sattler Spar- u. Leihkasse untergebracht war sowie Frisör LUX. Nach links führte der Fahrweg zwischen Schule und Weberei NEUGEBAUER (Nr.153) am Kriegerdenkmal vorbei, bis zur „KLETSCHKA-MÜHLE“ Nr.104 (Köhler), weiter zum Ochsengesenke. An der rechten Seite ist das Neubaugebiet „Sommerlehne“, Nr.168- 169 -170 -171 -172 und andere.

 

Zurück zum Neugebauer; gegenüber steht das Gasthaus „Goldene Krone“, mit Veranda und Saal, Fleischerei, Schlachthaus und Eiskeller bei der Kegelbahn (Nr.106), daneben die alte Linde mit Bildstock. Im Haus Nr.105 war der Kaufmann HERZIG, (Judenhaus genannt, denn die Besitzer vor 1906 waren Juden). Da gab es fast alles zu kaufen. Dahinter wohnte „Schulnaz“ (Nr.26). Das Gasthaus „Zum goldenen Lamm“ (Nr.124) lag auf der linken Straßenseite mit Saal und Landwirtschaft. Dazu gehörte die „DRELASEFFA-VILLA“ (Nr.161) am Wege gegenüber Richtung GRÜNDL, wo zuerst rechts „Jaruscha-Hons“ die Weberei hatte, bei Fiereschan (Nr.30). In Nr.29 wohnte KEILA Marie & Benedikt und in Nr. 28 die „POHNER-MÄDLAN“.

Im GRÜNDL wohnten die Landwirte Hugo Metzner Nr.53, Langer (Tscheche) Nr.60, Franz Eimann Nr.48, Josef Hanel Nr.131 und Schintag Nr.61. Sie grenzten an die Gemeinden Dobrschany und Plassnitz.

 

An der Dorfstraße folgten nun die Häuser und Grundstücke, die zum HOFE Nr.100, HOFE-Honsla (SCHINDLER) gehörten: Hoisla Nr.149; 99 Schmiede;  102 Gasthaus und Ausspann „Grüner Baum“; 103 wo Stenke / Tschinkel wohnten, (auch die Kletschkamühle Nr.104), sowie die Wagnerei Ignaz SCHMORANZ (Nr.121). Zum Hofe gehörte vor der Teilung die jetzige Bauernstelle Nr.148, HOFE-Ernst (SCHINDLER) mit Kate Nr.101.

 

Viele Felder und Wiesen hatten Eigennamen:

Sommerlehne; Vogelherd; lange Wand; Hofebodem; langa Beete; Grobawiese; Ploonwiese mit dem Kroatabärna Pilzwiese; außerdem die Judawiesa; Hoilawiese; Trogherzicha Fichtlan, Fiereschwiese; Scholzafranza Wiese; Friemelwiese; Kirchenwiese; zu Schierlich die Hyronimuswiese; Nazatonswiese; Vogelwiese (wo im Mai 1945 21 deutsche Männer erschossen und vergraben wurden) und die Schierlich-Stücke.

 

Im Ort folgte die „Oschermühle“ (Nr.32) beim Feuerlöschteich, von wo früher der Fleischer sein Eis wintertags holte und einlagerte. Auf der Anhöhe dahinter die Bauernstelle bei „Scholztonan“ mit Nr.33, 34, 35, deren Felder bis zum GRÜNDL reichten. An der Straße steht H.Nr.112 beim „KERCHVOTR“ und noch etliche kleine Häuser, gegenüber der Neubau von „FRIEMELSCHUSTER“ (Nr.160) und „PREISLERWÄNER“ (Nr.97) und die Bauernstelle beim „LENDAHONS“ (Nr.94, 95, 96). Bis etwa zur Lendahonsabrecke zählte zum Niederdorf, von da verlief der Dorfbach links von der Straße, war aber beidseitig mit Häusern bebaut. Bei Nr.93 stand die Scheune über dem Bach! Rechts waren Nr.37 u. 139 bei „Herzicha Eduatan“, Nr.39 bei „HapichanHartwich Anton und Nr.58, Nr.128 war ehem. Zeipeltbäcker/Meerganz. Nr.47 war „Noa Fränz“, Fiedler, Nr.50 beim „Kleena Metznerla“, Nr.51 „Fenanda Seff“ –Kassa-Dörner und einige kleine Häuschen mehr. Bei Nr.50 bog die Bezirksstraße rechts ab über die Sattler Höhe, vorbei beim Gasthaus „Uf a Broocha“ und dem Spitzberg nach DESCHNEI.

 

Der Fahrweg durchs Dorf führte weiter bei vielen Landwirten und Häuslern vorbei; bei Nr.65 „Chrestwa Tonla“, Anton Dörner, war ein Feuerlöschteich, als letztes Haus Nr.66 ist das Hegerhaus am Waldrand Richtung Sattler Koppe (1047 m Höhe) bis zum Schierlichgraben. Links der Straße von der „Lendahonsabrecke“ waren außer etlichen Landwirten (Flurafränz, Flurafernand, Honsaseffafranzla, Schmidtstonla) u.a. auch Handwerker ansässig: Wagner, Schneider, Klempner, Tutagroaber, Seiler, etliche Schuster, Drechsler. Bei Nr.41 stand das massive Feuerwehrhaus mit Holzturm von 1878.

 

Heute werden nach der Vertreibung 1946 der meisten Deutschen  einige Häuschen als Wochenendhäusern genutzt und gepflegt.

Die Felder und Wiesen verwildern  nach dem Ende der Kolchosen- und Hutweidewirtschaft. Die Motoren- und Traktorenstation im Depot ist aufgelöst. Auch die Stallungen auf den Grundstücken Nr.45-47 verkommen. Infolge der rigorosen Planwirtschaft hatte sich die Landschaft völlig verändert. Die Kleinbauernfelder mit den Steinrücken an den Rändern sind verschwunden, dadurch ist heute kein Grenzstein mehr zu finden. Nur die ebenen, leicht zugänglichen Flächen wurden mit Großackergeräten bearbeitet, alles andere ist nach über 50 Jahren Wildwuchs nicht wieder zu erkennen. Da es keine selbstständigen Bauern gibt (auch die tschech. Bauern wurden 1948 enteignet) und die freiwilligen Genossenschaften nicht rentabel arbeiten, weiß niemand im Ort, wie es weiter gehen soll, da es auch keine Industrie in der Nähe gibt.

Die Hoffnung liegt auf “Sommerfrische“ und „Wintersport“.                   

 

                                                                                                                  Franz Dörner

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